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Am Donnerstag, dem 17. Mai, begann um 19 Uhr in der Waldbrunner Winterhauchturnhalle die langerwartete Bürgerversammlung zum Thema Skipark. In der mit etwa 600 Besuchern besetzten Halle hielt zunächst Bürgermeister
Klaus Schölch eine Begrüßungsrede, in der er unter anderem betonte, das Skiparkprojekt sei „keine festgelegte Planung, an der nicht mehr gerüttelt werden kann“. Am heutigen Abend ginge es vielmehr darum, die
Maßnahmen vorzustellen. Hiernach sprachen die fünf geladenen Experten, und im Anschluss konnten interessierte Bürger eine Stunde lang Fragen stellen. Moderator der Veranstaltung war Herr Günter Engelhardt. Der erste
Redner war Dr. Horst Eichler vom Geographischen Institut Heidelberg, der auf Vorschlag der Bürgerinitiative Katzenbuckel e.V. eingeladen war, und seinen Vortrag aus der Perspektive der Geoökologie aufbaute. Als
Nachhaltigkeit bezeichnete Eichler das „Weltgewissen“, das in der Weltklimakonferenz in Rio 1992 als weltweite Entwicklungsrichtlinie beschlossen wurde, um die vorhandenen Ressourcen für heutige und auch für
zukünftige Generationen zu schützen. Von besonderer Bedeutung sei die Übertragung des nachhaltigen Wirtschaftens auf die kommunale Ebene. Bei allen Eingriffen in die Ökologie seien Natur- und Sozialverträglichkeit
zu beachten. Nach diesen einführenden Worten ging Dr. Eichler auf einige Details des geplanten Skiparkprojekts sowie die außergewöhnlich hohe Schutzwürdigkeit des Landschaftsschutzgebietes Katzenbuckel ein.
Problematisch sei insbesondere auch der „Hot Snow“, welcher über vier Monate lang den Boden bedecken und somit das Mikroklima des Bodens schädigen würde. Ein Foto von der zerstörten Grasnarbe mit Schimmelbildung am
Beerfelder Skihang demonstrierte die zu erwartenden Folgen. Auch sei mit einem enormen Energie- und Wasserverbrauch zu rechnen, sowie mit immensen Emissionen, die wiederum zum Treibhauseffekt betragen würden.
Eichlers Pointe, der Begriff „Hot“ Snow käme möglicherweise von seinen Folgen für die globale Klimaerwärmung, sorgte für den ersten Saalapplaus. Zum Abschluss seines Vortrags bewertete Dr. Eichler das Projekt und
stellte fest: Nach seinen Ergebnissen könnte der Investor möglicherweise ein großes „Plus“ einfahren, während es für die Waldbrunner Bevölkerung mit einem klaren „Minus“ zu bewerten sei. Im nächsten Redebeitrag
stellten Uwe Emig und Rainer Schölch ihr Projekt vor. Hier wurden im wesentlichen Angaben aus dem Informationsblatt, das bei der „Hot-Snow“-Vorstellung verteilt wurde, zur geplanten Flächennutzung und zum Energie-
sowie Wasserverbrauch angesprochen: Pisten und weitere Skiparkflächen, Gastronomie, Flutlichtanlage, Skilift u.ä. Neu waren die Darstellungen zum Tourismus: Man müsse „das Außergewöhnliche bieten“, so Emig, um im
touristischen Konkurrenzkampf wettbewerbsfähig zu sein. Der Skipark solle durch die (künstliche) Schneesicherheit im Winter eine zusätzliche Attraktivität für Waldbrunn bieten. Dabei sollten nicht nur Tagesgäste,
sondern Kurzurlauber mit einer Verbleibdauer von zwei bis fünf Tagen angesprochen werden. Uwe Emig bewertete sein Projekt als eine „Chance für die Gemeinde Waldbrunn, die nicht verpasst werden sollte“. Er betonte
aber auch, die Investoren wollten „den Skipark nicht um jeden Preis und gegen jeden Widerstand durchsetzen.“ Im Anschluss besprach Herr Kraft vom Adelsheimer Ingenieurbüro Walter und Partner die begleitenden
Infrastrukturmaßnahmen des Projekts. Die Parkplatzsituation sei zu verbessern, vor allem sei aber auch die Straßenführung durch Baumaßnahmen angemessen zu verändern. Hierdurch solle der Verkehr von Oberdielbach
kommend über eine neuausgebaute Meisental-Straße zum Katzenbuckel gelenkt werden. Unklar sei noch, ob man den westlichen Teil Waldkatzenbachs in die Straßenführung einbeziehen müsste oder über eine Direktverbindung
durch jetzige landwirtschaftliche Grundstücke umgehen könnte. Die Waldwegtrasse auf dem Katzenbuckel würde für den Shuttleverkehr mit Schotter befestigt und auf drei Meter Breite ausgedehnt. Um die Schüttung der
Freyaquelle auf ein Maß zu erhöhen, welches für die Speisung der „Hot-Snow“-Maschinen gebraucht würde, wäre die Quelle mittels einer Lehmschicht neu zu fassen. Dabei solle ein Pufferspeicher eingerichtet werden,
falls Überkapazitäten zurückzuleiten wären. Wenn die Quellenschüttung nicht ausreichen würde, müsste man allerdings auf eine Zuleitung aus dem öffentlichen Wassernetz zurückgreifen. Eine Verbindungsleitung wäre
ohnehin für die an der Freyahütte neuentstehende Gastronomie zu installieren. Der nächste Redner war Herr Toni Schlegel vom Unternehmen TFS Consulting, das von der Touristischen Gemeinschaft Odenwald (TGO) im Jahr
2000 mit einer Gästebefragung beauftragt wurde und zur Zeit in Zusammenarbeit mit Leistungsträgern und Kommunen ein Tourismuskonzept für die Region ausarbeitet. Die Ideen zur Positionierung der Ferienregion
Neckartal-Odenwald-Bauland auf dem Inlandsreisemarkt orientierten sich an zwei Eckpunkten, nämlich einerseits „Odenwald vital“ mit Angeboten im Bereich „Wellness“, „Sport light“ und „Geist und Sinne“ sowie
andererseits „Abenteuer Odenwald“ mit den thematischen Schwerpunkten „Kinderland“, „Natur pur“, „Erlebnis am Fluss“, „Geschichte“, „Action und Spaß“. Wenngleich TFS Consulting im Rahmen ihrer Gästebefragung das
Image „Der Odenwald – eine Landidylle“ entwickelte, passe der projektierte „Skipark Katzenbuckel“ gut in das Tourismuskonzept, so Schlegel. Mit dem Waldbrunner Angebot sei die Sparte „Action und Spaß“ im Rahmen des
Odenwald-Konzeptes abgedeckt. Toni Schlegel befürwortete daher das Projekt und bewertete es nicht als Widerspruch zu den Ergebnissen der Gästebefragung. Zum Abschluss der Expertenrunde schätzte Walter Simon vom
gleichnamigen Mosbacher Planungsbüro die umweltplanerischen Rahmenbedingungen ein. Deutliche Beeinträchtigungen der Umwelt seien zu erwarten, so Simon. Nach §1a des Baugesetzbuches hätten sich die Gemeinderäte
insbesondere mit folgenden Punkten zu beschäftigen: die Vermeidung und der Ausgleich von Eingriffen in das Landschaftsschutzgebiet, die Belastung für die Bewohner sowie die Reflexion der
Fauna-Flora-Habitat-Kriterien (FFH). Simon bewertete weiterhin die Beeinträchtigungen für verschiedene Schutzgüter; zunächst war der „Mensch“ an der Reihe: Für die Bewohner müsse mit einer beträchtlichen Erhöhung
der Verkehrsbelastung gerechnet werden. Anzuregen seien daher Maßnahmen einer Umlenkung auf öffentliche Verkehrsmittel. Das Schutzgut „Tiere und Pflanzen“ sei durch den Eingriff in den Lebensraum geschützter Arten
(nach FFH-Richtlinien) bedroht, dieser Lebensraum würde durch das Skiparkprojekt negativ verändert. Das Projekt talwärts zu verschieben, um einige besonders geschützte Gebiete im Gipfelbereich aus der unmittelbaren
Skiparkfläche herauszunehmen, wäre eine Möglichkeit zur Vermeidung von besonders schwerwiegenden Eingriffen. Ein angemessener Ausgleich dieser Eingriffe in das hochwertige Schutzgebiet am Katzenbuckel sei allerdings
im Grunde nicht möglich, so Simon. Auch durch Besucherstrom, Musikbeschallung und Flutlichtanlage sei mit Folgeschäden für Fauna und Flora zu rechnen. Das Schutzgut „Boden“ sei besonders anfällig, zumal es sich um
eine äußerst schutzwürdige, lediglich zehn Zentimeter mächtige Bodenauflage (Ranker) handle, darunter stehe bereits der nackte Basaltfels an. Durch den Skipark wäre eine Bodenfläche von bis zu fünf Hektar bedroht,
hinzu käme ein weiterer Hektar mit Bodenversiegelung im Zufahrtsbereich. Das Schutzgut „Wasser“ sei aufgrund der immensen Wasserentnahme an der Freyaquelle vor allem dahingehend gefährdet, dass mit einem
Trockenfallen von Quellhorizonten rund um den Katzenbuckel gerechnet werden müsse. Dies sei wiederum besonders problematisch für geschützte Biotope in diesen Bereichen. Daher müsse unter umweltplanerischen
Gesichtspunkten, so Simon, darauf geachtet werden, für die Schneeproduktion nicht allein Wasser aus der Freyaquelle zu verwenden, sondern Leitungswasser hinzuzuziehen. Schließlich war das Schutzgut „Landschaft“ zu
bewerten: Es handle sich um eine Landschaft von besonderer Eigenart und Schönheit, zudem um ein Landschaftsschutzgebiet und schließlich um einen zentralen Bereich im Naturpark. Beeinträchtigungen des
Landschaftsbildes seien insbesondere durch fixe Einrichtungen, beispielsweise der Flutlichtanlage, zu erwarten. Auch im Sommer seien die technischen Elemente zu sehen und darüber hinaus von einer durch den
Skibetrieb verursachten Veränderung der Vegetation auszugehen. Nach Abschluss der fünf Expertenvorträge begann die Bürgerfragestunde, die hier jedoch nicht im Einzelnen wiedergegeben werden kann. Zu Beginn
überreichte die Bürgerinitiative Katzenbuckel e.V. dem Bürgermeister 1500 Unterschriften gegen das Skiparkprojekt. Die Fragen an die Experten und an Bürgermeister Schölch kamen vor allem aus den Reihen der
Skiparkgegner. Die unterschiedlichen Applauseinlagen zeugten jedoch von der Anwesenheit beider Lager. Bemerkenswert war der Redebeitrag eines älteren Bürgers, der an den Frieden in der Gemeinde Waldbrunn
appellierte. Das Skiparkprojekt sei es nicht wert, so sagte er eindringlich, dass der Frieden unter den Bewohnern gefährdet würde. Für diesen Beitrag erntete der Mann anhaltenden Applaus aus allen Reihen. "
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