Home
Presse
RNZ 19.10.00
EC 23.10.00
RNZ 25.10.00
EC 16.01.01
RNZ 20.01.01
RNZ 03.02.01
EC 10.02.01
EC 12.02.01
BI 14.02.01
EC 16.02.01
BI 24.03.01
EZ 06.04.01
RNZ 18.04.01
KP 13.05.01
KP 19.05.01
KP 14.07.01
KP 21.10.01

 

RNZ 19.10.00

Guten Morgen, Waldbrunn!
(Leserbrief in der RNZ v. 19.10.00)


Stillschweigend gediehen offensichtlich im Gemeinderat Waldbrunn die Pläne, das allseits beliebte Ausflugsziel Katzenbuckel für etwa 3,5 Millionen Deutsche Mark mit einer künstlichen Erlebniswelt einem zweifelhaften Massentourismus zu öffnen. Interessierten Bürgerinnen und Bürgern will dabei zunächst einmal nicht so recht einleuchten, warum mit der Bekanntgabe der mittlerweile ausgearbeiteten Pläne derart hinterm Berg gehalten wurde. Anscheinend war man an einer kritischen Mitsprache mündiger Einwohner Waldbrunns und seiner Nachbarkommunen nicht sehr interessiert.
 Die Pläne lassen so manch einem die Haare zu Berge stehen: Der Katzenbuckel, einziger Vulkanhärtling im Odenwald und seit 1954 zum Teil unter Landschaftsschutz gestellt, wird in renommierter Reiseliteratur als „wichtige geologische Landmarke, die Aufschlüsse über die Entwicklung der Landschaft des Hinteren Odenwaldes erlaubt“ (vgl. Meyers Naturführer „Baden-Württemberg“) beschrieben. Seine Mischwälder, denen nicht nur Erholungsfunktion und Schutz vor Bodenerosion zukommt, sind – besonders am Nordhang! – „für den Odenwald typisch und treten in dieser naturnahen Form sonst nur noch kleinflächig und vereinzelt auf“ (ebenda). Nun sollen also exakt am Nordhang diese charakteristischen Wälder bis auf 15 Meter unterhalb des Gipfels abgeholzt und durch Skilift, Schneemaschinen, Restaurationsgebäude und weitere infrastrukturelle Einrichtungen ersetzt werden! – Unglaublich! Da freuen sich nicht nur die Kolkraben, die, so wird 1999 stolz im Eberbacher Geschichtsblatt berichtet, nach hundert Jahren endlich wieder am Katzenbuckel ansässig wurden. Nein, auch die zahlreichen Erholungssuchenden, Wanderer und Naturliebhaber aus nah und fern werden angesichts dieser Pläne verzückt sein über kommunalpolitische Weitsicht.
„Guten Morgen, Waldbrunn!“ will man da sagen. Schon etwas gehört von den Beschlüssen der UN-Konferenz in Rio? So betonte die Bundesregierung bereits 1996 die große Bedeutung der Kommunen bei einer „nachhaltigen, zukunftsbeständigen Entwicklung“. Nachhaltigkeit aber hat drei Eckpunkte: Wirtschaft, Gesellschaft und Ökologie. – Wurde die Gesellschaft, d.h. die Bürgerinnen und Bürger in Waldbrunn und den Nachbarorten, einmal zur Sache gefragt? Ist die teilweise Verwüstung des Katzenbuckel ökologisch? Und die Ökonomie? Wer glaubt eigentlich daran, daß sich die überwältigenden Investitionskosten rechnen? Und gerade wenn wir auch zukunftsbezogen denken: Läßt sich die Zerstörung einer derartigen landschaftlichen Besonderheit, wie sie der Katzenbuckel darstellt, unter Kriterien nachhaltigen Wirtschaftens als rentabel einstufen?
Ich fordere alle Leserinnen und Leser auf, diese Fragen selbst zu diskutieren und den Verantwortlichen zu stellen. Eines ist jedenfalls klar: Mit den dubiosen Skipark-Plänen würde nicht irgendein Odenwaldhügelchen künstlich aufgemotzt, sondern es würde zunächst ein bestehender Tourismusmagnet weitgehend zerstört, um auf dessen Asche einen potentiellen Anziehungspunkt künstlich neu zu erschaffen – eine zweifelhafte Ökonomie! Gefordert sind hier andere Konzeptionen, die dem zeitgemäßen Prinzip einer nachhaltigen touristischen Entwicklung entsprechen, und welche die Landschaft touristisch nutzen, ohne sie dabei zu zerstören. – Rettet unseren Katzenbuckel!

Michael Hahl, Waldbrunn
 

nach oben